Eisenhower 2.0 oder 7 Wege zur Effektivität

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Welche Einstellungen oder Angewohnheiten haben hocheffektive Menschen?
Einblicke in: „The 7 Habits of Highly Effective People. Powerful lessons in personal change.“ von Stephen R. Covey. Auch in deutsch verfügbar.

Absolut lesenswert, der Autor führt gut durch sein Buch und zwingt einen auch geschickt, über sich selbst nachzudenken. Und er rückt den Mensch – egal ob Mitarbeiter oder Vorgesetzter, Freund oder Familienmitglied in den Vordergrund. Wenn man sich mit den Themen Führung und Selbstorganisation schon beschäftigt hat, werden einem einige Dinge bekannt vorkommen. Diese werden aber oft in einen sehr interessanten Kontext gerückt (z.B. Eisenhower 2.0).


Wer keine Lust auf englische Originalversion hat, es gibt auch eine deutsche Version – bei Amazon ansehen.

Inhalt

Stephen Covey beschreibt in seinem Buch die sieben Angewohnheiten, die hocheffektive Menschen haben oder entwickeln sollten. Allerdings handelt es sich dabei eher um Einstellungen als Angewohnheiten, insofern unterscheidet sich das Buch deutlich von der „1% Methode“ bzw. „Atomic Habits“ von James Clear. Einleitend möchte ich zudem den Grundgedanken des Buches hervorheben. Es geht nicht darum, im Alltag möglichst effizient zu sein, möglichst viele Dinge in wenig Zeit zu schaffen, sondern um Effektivität, also die „richtigen“ Dinge zu tun. Das beginnt natürlich bereits bei der Analyse, was denn für einen selbst diese „richtigen“ Dinge sind. Auf welche Einstellungen man sich aus Sicht des Autors fokussieren sollte und wie man diese ausprägen kann, um in Beruf und Familie erfolgreich zu sein, stelle ich im Folgenden kurz vor.

Fokus auf die „richtigen“ Dinge

Der Autor unterscheidet grundsätzlich zwei Bereiche mit je drei Einstellungen, nämlich den Teil, der auf einen selbst fokussiert und einen, der auf die Interaktion mit anderen gerichtet ist. Beide Bereiche möchte ich kurz zusammenfassen, damit man das Gesamtkonzept des Autors erahnen kann. Wer neugierig wird, vor allem auch auf die Begründungen und Hintergründe, dem rate ich zur Lektüre. Nun zum ersten Bereich, der auf einen selbst, also den persönlichen Erfolg gerichtet ist:

Die persönliche Dimension

  1. Proaktive Grundhaltung: man muss sich bewusst sein, dass man für sich selbst verantwortlich ist, sich selbst und seine Handlungen bewusst wahrnehmen (Achtsamkeit) und aktiv gestalten kann bzw. gar muss, um effektiv zu sein.
  2. Bewusstmachen, welcher Mensch man sein möchte und danach handeln. Der Autor hat eine sehr eindrückliche Methode einen dazu zu bringen, darüber nachzudenken, wer man sein und entsprechend welche Charakterzüge man haben, nach welchen Prinzipien man leben und welche Ziele man verfolgen möchte. Dies für sich selbst zu definieren, ist unerlässliche Grundlage, um überhaupt zu wissen, was die „richtigen“ Dinge für einen selbst sind.
  3. Bewusste Prioritätensetzung: diese dritte Einstellung ist aus Sicht des Autors der zentrale Erfolgsfaktor, es geht darum, die Prinzipen Nr. 1 und 2 in die Praxis umzusetzen und zu priorisieren, was man (aktiv, achtsam) umsetzen muss, um seine Ziele zu erreichen.

Die öffentliche Dimension

Der zweite Teil ist auf die Interaktion bzw. das Zusammenleben und -arbeiten ausgerichtet:

  1. Win/Win: Der Autor empfiehlt das Paradigma Win/Win zur Grundeinstellung für alle Lebensbereiche (persönliche Charakterentwicklung, in Beziehungen, bei Verhandlungen) zu machen, um wirklich effektiv sein zu können.
  2. „Verstehen geht vor verstanden werden“ ist der nächste Grundsatz der Effektivität, den Covey für den Umgang mit Menschen empfiehlt. Oder wie er es auch ausdrückt: Man sollte erst die Diagnose stellen, bevor man etwas verschreibt. Es geht hier insbesondere darum, zu versuchen, eine hilfsbereite Atmosphäre zu schaffen, sich die Zeit zu nehmen, Problemstellungen ganzheitlich zu ergründen und erst dann Lösungen zu entwickeln.
  3. Synergien: Effektive Menschen nutzen Synergien, bringen also ein hohes (Vorschuss-)vertrauen mit sich und setzten auf einen hohen Grad an Kooperation. Auch hier kumulieren die ersten beiden Einstellungen wieder im letzten Prinzip.

Abschließend fokussiert der Autor nochmals auf einen selbst, mit seinem 7. Prinzip, das er „Schärfe die Säge“ nennt:

  1. „Schärfe die Säge“: hier geht es um einen selbst, quasi das Erhalten und Verbessern der wichtigsten „Anlage“, die man hat. Man muss sich um sich selbst kümmern, um sein physisches, mentales, soziales, emotionales und spirituelles Wohlbefinden. Dies beschreibt er, absolut zu Recht, als das wichtigste und beste Investement, das wir überhaupt im Leben machen können. Denn wir selbst sind diejenigen, mit den wir unser ganzes Leben, Tag und Nacht zu tun haben. Deswegen ist es wichtig, sich gesund zu halten, weiterzubilden und auch neue Anregungen zu suchen. Beim Eisenhower 2.0 Modell werde ich noch einmal kurz auf die Bedeutung dieses Prinzips eingehen.

Leadership vs. Management

Auch zu Leadership und Management möchte ich noch ein bisschen mehr Inhalt bringen, da der Autor die beiden Begriffe im Kontext seiner Prinzipien sehr gut herausarbeitet. So beschreibt er Leadership als Hochleistungsaktivität des Gehirns, eine Art philosophischen Diskurs, bei dem man sich grundlegende (Lebens-)Fragen ganzheitlich stellen und beantworten muss. Es geht letztlich darum zu entscheiden, welche Prioritäten man bewusst setzen will, im Endeffekt ist Coveys zweites Prinzip also (in seinem Verständnis) nichts anderes als Leadership.

Leadership entscheidet was die wichtigsten Ziele bzw. Prinzipien sind. Management hingegen priorisiert genau diese Dinge, jeden Tag und jeden Moment. Es ist die rein logische Analyse der Aufgaben und des Handelns, die achtsame Selbstkontrolle und Disziplin, sich operativ nach seinen Prinzipien auszurichten. Coveys drittem Prinzip ist also nichts anders wie Management.

Drei Zitate zu Leadership und Management aus dem Buch verdeutlichen den Unterschied (ich mag Zitate 😉 ):

  • „Form follows function. Likewise, management follows leadership.“
  • „Manage from the left [side of the brain]; lead from the right.“
  • „Management is efficiency in climbing the ladder of success; leadership determines wether the ladder is leaning against the right wall.“

Eisenhower 2.0: Fokus auf die „richtigen“ Dinge

Das Eisenhower-Modell oder auch Eisenhower-Methode genannt, ist eigentlich der Klassiker des Selbst- bzw. Aufgabenmanagements. Und auch wenn ich mich persönlich schon viel mit diesem Modell beschäftigt habe, die Gedanken von Covey erweitern meinen Blick auf das Modell. Daher bezeichne ich seine Ideen zu diesem Modell auch als „Eisenhower 2.0“ (er bezeichnet das selbst nicht so), denn er stellt den Fokus auf die „richtigen“ Dinge in den Mittelpunkt des Modells.

Das Eisenhower-Modell

Einleitend eine kurze Zusammenfassung zum eigentlichen Modell. In diesem, nach US-Präsident und Alliierten-General Dwight D. Eisenhower benannten Modell, geht darum, anstehende Aufgaben in zwei Kategorien einzuteilen, Dringlichkeit und Wichtigkeit. Das soll dabei helfen, sich auf wichtige Aufgaben zu fokussieren und den Rest auszusortieren. Aber da beginnt schon das Dilemma – was ist denn eigentlich wichtig und was ist dringend?

DringendNicht dringend
WichtigI: Krisen, drängende Probleme, MeilensteineII: Tagesplangung, Beziehungen pflegen, Erholung, Vorbeugung, Neue Möglichkeiten erkennen
UnwichtigIII: Anrufe, bestimmte Berichte, Meetings, MailsIV: Bagatellen, bestimmte Mails, Anfrufe, „Zeitverschwender“

Deswegen muss man sich zunächst damit auseinandersetzen, was einem denn wirklich wichtig ist. Nur dann kann die Anwendung des Modells überhaupt Sinn ergeben. Wichtigkeit hat etwas mit Ergebnissen zu tun, wenn also etwas wichtig ist, muss es etwas zur Erreichung unserer hoch priorisierten Ziele beitragen, die, wenn man den Methoden des Autors folgt, mit Einstellung Nr. 2 herausgearbeitet und definiert wurden.

Das Dringende und seine Gefahren

Dringende Dinge wollen unsere sofortige Aufmerksamkeit, sie sind in der Regel sichtbar und üben (innerlichen oder äußerlichen) Handlungsdruck aus. Das Problem: sie sind oftmals unwichtig, machen aber auf sich aufmerksam. Umso bedeutender ist es, im Sinne seiner Ziele zu entscheiden, ob man sich der dringlichen Sache annimmt, sie delegiert oder ignoriert bzw. sich ihrer nicht annimmt (Management). Es geht also um die Unterscheidung, ob es sich um ein dringendes Problem aus dem Quadrant I oder III handelt. Und darum, Dinge abzulehnen und „Nein“ zu sagen. Dabei sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass Zeit endlich ist und jedes „Ja“ auch automatisch ein „Nein“ zu etwas anderem bedeutet.

Interessant sind auch die Gefahren der subjektiven Missinterpretation der Quadranten des Modells, die Covey aus seiner Erfahrung als Coach heraus beschreibt. So wird beispielsweise Quadrant I, wenn man sich auf ihn fokussiert, schnell größer und größer und über kurz oder lang wird man von ihm beherrscht oder letztlich gar erschlagen. Dazu kommt die Gefahr, dass man sich in einem solchen Fall zur „Erleichterung“ oder Ablenkung noch um Dinge aus dem Quadrant IV kümmert. Eine andere Gefahr ist, dass man stetig auf Dringendes reagiert, sich davon treiben lässt, zwar de facto hauptsächlich Dinge aus dem dritten Quadranten erledigt, aber fest davon überzeugt ist, im Quadrant I zu arbeiten.

Effektive Menschen im Eisenhower-Modell

Effektive Menschen bleiben außerhalb der Quadranten III und IV (weil sie zur Zielerreichung nicht wichtig sind!) und versuchen Quadrant I so klein wie möglich zu halten. Dafür investieren sie so viel Zeit wie möglich in den zweiten Quadranten, oder wie der Autor es nennt, das Herzstück des effektiven Personalmanagements. Es geht darum, Beziehungen zu pflegen, aber auch seine persönlichen Ziele zu definieren, diese zu reflektieren, deren Erreichung zu planen. Zum Quadrant II gehört aber auch das persönliche Gesundheitsmanagement, Sport zu machen und sich geistig weiterzuentwickeln (Prinzip Nr. 7). Das alles sind extrem wichtige Dinge, allerdings eben nicht dringend. Deswegen braucht es die in Einstellung Nr. 2 beschriebene Proaktivität, sich genau dafür ausreichend Zeit zu nehmen, denn wenn man hier zu wenig Zeit investiert, können daraus drängende Probleme werden (z.B. Herzprobleme, zu wenig Fachwissen, fehlende Visionen, etc.). Wieder ein schönes Zitat:

„Effective people are not problem-minded, they are opportunity minded. They feed opportunities and starve problems, they think preventively.“

Zeit für Quadrant II

Bislang waren die Ideen von Covey sicher interessant, doch man stellt sich die Frage, wie man sich denn konkret die Zeit für QII-Aktivitäten schnitzen soll. Aber auch dazu bietet er sowohl theoretische Antworten als auch praktische Lösungen an.

In der Theorie macht er deutlich, dass zu Beginn die einzige Möglichkeit, Zeit für QII-Aktivitäten zu bekommen darin liegt, dass man diese aus der Reduzierung der Tätigkeiten in QIII und QIV gewinnt. Dazu gehört eben auch insbesondere, „Nein“ zu sagen, was einem wesentlich leichter fällt, wenn man seine persönlichen Werte und Ziele kennt und nach ihnen entscheidet. Aus QI wird man sie nicht bekommen, obwohl seiner Erfahrung nach QI-Aufgaben mittelfristig weniger werden, wenn man mehr Zeit mit Vorbeugung und Vorbereitung, also im zweiten Quadranten, verbringt (langfristiger Zeitgewinn).

Das Quadrant-II-Tool

Außerdem stellt der Autor sein meines Erachtens sehr interessantes „Quadrant-II-Tool“ vor. Dabei handelt es sich um eine Art Zeitplaner, der es einem ermöglicht, seine Zeit effektiv auf Grundlage seiner eigenen, im Prozess herausgearbeiteten, Prinzipien und Werte zu planen. Dabei werden sowohl Wichtigkeit als auch Dringlichkeit berücksichtigt. Ebenso bezieht er dabei die verschiedenen Rollen ein, die jeder von uns hat (Familie, Beruf, etc.). Es geht darum, diese Rollen zu identifizieren, die je zugehörigen Ziele zu definieren und diese durch die Nutzung des Tools in Balance zu halten. Damit das gelingen kann, ist der grundsätzliche Ansatz des Zeitplaners auch eine wochenweise Planung, die aber täglich angepasst werden kann. Dabei wird man immer darauf gestoßen, den zweiten Quadranten im Fokus zu behalten, mit Zeit effizient, aber mit Menschen effektiv umzugehen – oder wie es der Autor ausdrückt:

„Again, you simply can’t think efficiency with people. You think effectiveness with people and efficiency with things. I’ve tried to be „efficient“ with a disagreeing or disagreeable person and it simply doesn’t work. I’ve tried to give ten minutes of „quality time“ to a child or an employee to solve a problem, only to discover such „efficiency“ creates new problems and seldom resolves the deepest concern.“
Wer genau wissen will, wie dieses Tool funktioniert und einen durch den Findungs- und Definitionsprozess leitet, dem sei das Buch wärmstens empfohlen.

Gesamtbewertung

Gesamtbewertung: 4 von 5 Sternen. Absolut lesenswert, das Buch regt an vielen Stellen zum Nachdenken und zur Selbstreflexion an. Wenn man sich mit den Themen Führung und Selbstorganisation schon beschäftigt hat, werden einem viele Dinge bekannt vorkommen. Diese werden aber oft in einen sehr interessanten Kontext gerückt (z.B. Eisenhower 2.0). Warum nur 4 Sterne? An manchen Stellen erzählt der Autor für meinen Geschmack zu viele Anekdoten und Geschichten zur Untermauerung, das ist mir zu wenig effizient 😉 Außerdem sollten die Grafiken moderner überarbeitet werden. Vielleicht ist das ja in der deutschen Version schon geschehen.

Wer übrigens etwas zu den Angewohnheiten, Werten und Einstellungen der Generation Z erfahren will, der wird hier beim Thema Generation Z fündig.