BEMM – Effektives und effizientes Mindstorming für größere Gruppen

Moderationstechnik: Wie man das Schwarmwissen größerer Gruppen effektiv und effizient sammeln und darstellen kann.

Vor einigen Jahren hielt ich Vorlesungen an der DHPol zum Thema Polizei & Wissenschaft, jeweils mindestens vor einer Studiengruppe, oftmals auch vor zwei zusammengelegten Gruppen, also 25 bis 50 Studierenden. Ich fand es aber gerade bei diesem sehr spannenden und oft kontrovers diskutiertem Thema wichtig, auch das „Publikum“ mit einzubinden. Aus diesem Grund habe ich mir diese Methode ausgedacht und sie ist zu meiner Lieblingsmethode geworden, um auch bei größeren Gruppen höchsteffizient Meinungen, Ideen, etc. sammeln zu können. Zudem ist sie oftmals sehr witzig in der Umsetzung – wieso wird gleich erklärt.

Ablauf

1. Die Methode funktioniert wie folgt: Man stellt eine Frage und weist die Teilnehmer*Innen an, ihre Antworten oder Ideen auf Metaplankarten zu schreiben. WICHTIG: Pro Karte nur eine Antwort/Idee. Ich habe das auch schon abgewandelt und bspw. auf Moderationskarten verzichtet. Stattdessen haben die Teilnehmer*Innen ihre Antworten nur auf einen Zettel geschrieben und mündlich vorgetragen. Geht auch, nur ist die Ergebnissicherung natürlich schwierig.

Schwarmwissen effektiv und effizient nutzen
Folie zum Erklären des ersten Schrittes; in der Regel wird die Methode leichter, wenn man sie visualisiert.

2. Wenn alle mit Schreiben fertig sind, werden die Teilnehmer*Innen gebeten, sich ihre Antworten noch einmal anzusehen, sie zu bewerten und zu priorisieren. Die aus ihrer Sicht beste Antwort, die sie unbedingt loswerden möchten, bekommt die 1, die zweitbeste die 2 und so weiter.

Schwarmwissen effektiv und effizient nutzen
Folie zum Erklären des ersten Schrittes; in der Regel wird die Methode leichter, wenn man sie visualisiert.

3. Die Teilnehmer*Innen bekommen die Anweisung, dass sie, wenn sie an der Reihe sind, ihr Schlagwort mit der Nr. 1 vorlesen sollen und es in insgesamt maximal 10 Sekunden erläutern dürfen. Man kann natürlich auch mehr Zeit lassen, je nach Thema. Meine Erfahrung ist es aber, dass je länger der Zeitraum, desto eher wird überzogen, abgeschweift. Wenn die Nr. 1 erläutert ist, darf der nächste seine Nr. 1 erläutern. Wurde dieser Inhalt allerdings schon von jemand anders genannt, dann muss er die Nr. 2 nehmen, bzw. Nr. 3, 4, etc. Wurde schon alles genannt, dann darf man nur „Weiter“ sagen.

Die Vorteile dieser Methode

  • man bekommt die Essenz des Schwarmwissens in kürzester Zeit. Man kann sich die Stichwortkarten nach der jeweiligen Erklärung geben lassen und zur Ergebnissicherung gleich an eine Pinwand pinnen und ggf. clustern. Ich nutze dann oft Schusspflaster (kleine runde und farbige Aufkleber), mit denen die Teilnehmer dann die Cluster wählen können, mit denen wir uns im weiteren Verlauf vertieft auseinandersetzen wollen.
  • die Teilneher trainieren den Elevator Pitch – eine wie ich finde äußerst wichtige Kunst, die man beherrschen sollte. Dabei kommt es darauf an zu trainieren, seine Idee innerhalb kürzester Zeit prägnant und präzise auf den Punkt ausformulieren zu können. Der Name dieser Methode ( „Überredung im Aufzug“ ) kommt übrigens daher, dass Chefs ja grundsätzlich wenig Zeit haben. Wenn man nun also eine gute Idee hat, man normal aber nicht direkten Zugang zur/zum Chef*In hat, dann passt man sie/ihn einfach am Fahrstuhl ab und fährt mit. Sobald sich die Türen schließen, läuft die Zeit und muss den/die Chef*In überzeugen, bis die Türen wieder aufgehen.
  • Man muss, ist gezwungen, allen gut zuzuhören, das gesagte zu reflektieren und mit den eigenen Gedanken abzugleichen, damit man seine Ideen „abhaken“ kann. Und hier wird es oft witzig, denn dadurch, dass die Regeln anmoderiert wurden, scheint es sozial adäquat zu sein, dass die Gruppe aufstöhnt, wenn jemand nicht zughört hat und eine bereits vorgebrachte Idee als eigene verkaufen will. Oder die Teilnehmer*innen nehmen sich gegenseitig auf den Arm. Es kommt natürlich immer darauf an, mit welchen Personengruppen man das macht und wie gut die Leute drauf sind. Denn meines Erachtens muss man als Moderator diese sozialen Interaktionen, die man ja selbst initiiert hat, auch steuern. Man sollte also darauf achten, dass das gegenseitige Aufschaukeln zur Gesamtstimmung der Gruppe passt und auch der/die im Fokus Stehende die Gruppenkritik entsprechend aufnehmen kann. Sonst muss moderierend eingegriffen werden.
  • Es gibt eigentlich fast in jeder größeren Gruppe einen Menschen, der dem Motto fröhnt: „Es wurde zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von mir„. Diese verlieren dank der Methode ziemlich schnell die Lust. Als Moderator fällt es einem leicht, diejenigen mit einem höflichen Verweis auf die Regeln einzubremsen. Doch das ist oft gar nicht erforderlich, die Gruppe sorgt in den meisten Fällen selbst durch Zwischenrufe o.ä. für die Einhaltung der Regeln. Außer es ist der tatsächliche Chef der Runde, der beginnt auszuschweifen – dann ist der Moderator gefragt 😉

Sollte irgendjemand diese Methode schon kennen und jemand anders hat sie erfunden, sagt es mir bitte, ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken. Es kann ja durchaus sein, dass zwei Verrückte im Universum den gleichen Gedanken hatten. Bis dahin taufe ich die Methode BEMMBürgis Effizientes Mindstorming für Massen 😉

Ich freue mich auf Anregungen oder Diskussionen! Weitere Beiträge zu Soft-Skills gibt es übrigens hier.